Unsere Hormone – gerne unterschätzt und mehr als nur „Sexualhormone“

Unterschätzt werden Hormone tatsächlich häufig. Vor allem dann, wenn von unseren „Geschlechts- oder Sexualhormonen“ gesprochen wird, die korrekterweise schlicht Steroidhormone genannt werden sollten. Die so häufig genutzte Bezeichnung ist schlicht falsch, denn es reduziert die Hormone auf deren Rolle in der Fortpflanzung und der Sexualfunktion. Dies ist nur eine von vielen Funktionen der Steroidhormone im Körper. Es gibt noch viele weitere Wirkungen, die ungemein nützlich sind, und die sich vor allem schützend auf unseren Körper auswirken.

In diesem Artikel erfahren Sie erstaunliches über die wichtigsten Steroidhormone und deren faszinierende Wirkungen auf unsern Körper.

So sollten unsere „Sexualhormone“ eigentlich genannt werden:

  • Nervenhormone – Neurohormone: sie schützen unsere Nervenzellen, unterstützen sie in ihrer Funktion, Stabilität und Neuroplastizität. Wir blieben mit ihnen klar im Kopf und fröhlich in der Stimmung.
  • Stoffwechselhormone – metabolische Hormone: sie regulieren unseren Zucker- und Fettstoffwechsel. Sie schützen uns vor Diabetes im Alter und halten unser Gewicht im Gleichgewicht.
  • Bindegewebshormone – Strukturhormone: sie halten unsere Knochen stabil, unser Bindegewebe elastisch und wir können mit ihnen unsere Muskeln leichter stark halten.
  • Herzhormone – Organhormone: sie unterstützen alle unsere Organe in ihrer Funktion und Leistungsfähigkeit. Wir blieben mit ihnen länger gesund.

 

Nun zu den „Big Five“ und deren Wirkungskreisen mit Beispielen

– zumindest einem Teil davon, denn anderweitig füllt das Thema Hormone ganze Bücher –

  1. Das Progesteron: Dieses Hormon, auch Gelbkörperhormon genannt, spielt eine wichtige Rolle bei der Regulation des Menstruationszyklus und der Aufrechterhaltung einer Schwangerschaft – also ja, es spielt eine wichtige Rolle bei der Fortpflanzung. Darüber hinaus ist es essentiell für unsere gute Laune und unseren gesunden Schlaft, denn es ist unser körpereigenes Antidepressivum und ein wichtiges „Entspannungshormon“. Damit wird auch schnell klar, warum viele Frauen oder Mädchen die Antibaby-Pille nicht gut vertragen und sich nicht mehr so „gut gelaunt“ und wohl in ihrer Haut fühlen – ganz einfach, weil die Pille die körpereigene Produktion von Progesteron komplett unterbindet (indem sie den gesamten Zyklusablauf blockiert). Als unser wichtigstes „Yin“-Hormon bringt es Entspannung in unseren Körper und in unser psycho-emotionales System.
    Einen weiteren Platz nimmt es als Vorläufer-Hormon für unsere Nebennieren-Hormone ein und ist damit maßgeblich für unsere Cortisol und Neurotransmitter-Produktion und deren gesamten Regulationskreisläufe.
    In einer Hormontherapie zum Beispiel kann bioidentischem Progesteron helfen, Symptome wie Stimmungsschwankungen, Schlafprobleme, aber auch Menstruationsprobleme und PMS lindern. Des Weiteren kann es helfen die Nebenniere zu stärken, wenn diese bei andauerndem Stress zu wenig Cortisol produziert.
  1. Die Östrogene: Dazu gehören Estradiol, Estron und Estriol, die gemeinsam die Gruppe der Östrogene bilden. Sie sind für die Aufrechterhaltung der weiblichen Geschlechtsmerkmale und natürlich für die Fruchtbarkeit zuständig. Zu den unterschätzten Wirkungen der Östrogene gehören unter anderem der Schutz vor Arteriosklerose indem es die Gefäßwände geschmeidig hält, eine gesunde Verdauung, da unser Mikrobiom durch Östrogen funktional bleibt und natürlich unsere Knochenstabilität. Ja, unsere Knochengesundheit ist tatsächlich von Östrogenen abhängig, indem das Estradiol den Knochenabbau bremst und damit unsere Knochen stabil hält.
    Damit ist unschwer zu erkennen, dass, wenn nach den Wechseljahren die Hauptproduktion von Östrogen nicht mehr stattfindet, der Abbau der Knochen ungleich schneller voranschreiten kann. Das Risiko für Osteoporose steigt für Frauen nach den Wechseljahren deutlich an. Der Grund dafür liegt damit auf der Hand.
    In der bioidentischen Hormontherapie werden Östrogene natürlich zur Behandlung von Menopause-Symptomen wie Hitzewallungen, Schlaflosigkeit oder vaginaler Trockenheit genutzt. Aber wer vorausschauend denkt, der nutzt die Östrogene ebenso zum Schutz der Organe und der Gefäße, sowie für die Knochengesundheit.
  1. Testosteron: Obwohl es häufig als männliches Hormon betrachtet wird, ist Testosteron auch für Frauen wichtig. Genauso wie Östrogen ist es wichtig für die Knochendichte. Aber darüber hinaus auch für die Muskelmasse und das allgemeine Energieniveau. Es gehört mit den Östrogenen und DHEA zu unseren „Yang“-Hormonen und gibt uns Kraft, Ausdauer und Resilienz.
    Bioidentisches Testosteron kann bei beiden Geschlechtern zur Erhöhung der Energie, zur Verbesserung der mentalen Klarheit und natürlich auch zur Verbesserung der Sexualfunktion und Libido eingesetzt werden.
  1. DHEA (Dehydroepiandrosteron): Dieses Hormon ist ein Vorläuferhormon sowohl für die Östrogene als auch für das Testosteron und trägt zur Verbesserung der Libido, zur Stärkung des Immunsystems, zur Steigerung der kognitiven Funktion und zur Förderung des allgemeinen Wohlbefindens bei.
  2. Pregnenolon: Ist die „Urmutter“ aller Hormone und damit DAS Vorläuferhormon für alle anderen Steroidhormone. Es kann bei der Behandlung von Gedächtnisproblemen, Ermüdung und Stresssymptomen eingesetzt werden und bietet insbesondere Frauen jenseits des 60. Lebensjahres, die bislang keine bioidentische Hormontherapie bekamen, eine sanfte Option ihren Hormonhaushalt nochmals auszugleichen.

 

Dies sind die bekanntesten Hormone und diejenigen, die typischerweise in einer bioidentischen Hormontherapie zum Einsatz kommen. Es gibt noch einige Hormon-Zwischenprodukte oder Abbauprodukte die hier nicht erwähnt werden, die aber im Hormonkreislauf ebenso ihre Rollen einnehmen. Sie werden durchaus in einer individuellen Hormontherapie berücksichtigt.

Im Rahmen einer bioidentischen Hormontherapie wird durch die sorgfältige Analyse der individuellen Beschwerden und der Hormonspiegel ein maßgeschneiderter Plan entworfen. Je nach Problematik werden mal nur ein Hormon oder auch mehrere gleichzeitig eingesetzt. Immer gilt der Leitsatz „nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich“. Wer bereits Erfahrungen gemacht hat mit einer bioidentischen Hormontherapie, der wird bestätigen wie effektiv sich dadurch das Wohlbefinden bessert und die Lebensqualität steigern kann.

„Last but not least“ sind Hormone oder eine Hormontherapie immer nur ein Teil dessen was uns unser Wohnbefinden steigern lässt. Es ist immer relevant andere Lebensbereiche, wie Ernährungsgewohnheiten und Bewegung im Alltag, zu berücksichtigen und zu analysieren. Zusammen mit deren kritischer Betrachtung und ggf. Veränderung kann eine Hormontherapie schon fast „wahre Wunder“ bewirken.

Praxis Dr. med. Duttlinger